Wissen
24.04.2023 DISPERSION VON EDELSTEINEN
Wenn man sie im Licht dreht, zeigen einige Edelsteine ein faszinierendes Farbenspiel: Tausende Lichtpunkte in den Farben des Regenbogens blitzen auf und tanzen mit jeder Drehung um das Juwel. Dieses optische Phänomen nennt sich “Dispersion”. In der Gemmologie ist es als “Feuer” bekannt und gilt als Qualitätsmerkmal von Edelsteinen.
WAS IST DISPERSION?
Der Begriff “Dispersion” stammt aus der Physik und beschreibt, wie einfallendes Licht durch die Brechung in einem Medium ein Farbspektrum erzeugt.
Licht besteht bekanntlich, obwohl es für unsere Augen weiß oder farblos erscheint, aus unterschiedlichen Farben. Wird es beim Durchgang durch einen Gegenstand in seine Bestandteile zerlegt, zeigen sich die Spektralfarben Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau und Violett. In der Popkultur ist dieser optische Effekt vor allem als Motiv auf dem Plattencover des Pink Floyd-Albums “The Dark Side of the Moon” bekannt.
Dabei wird die jeweilige Farbe von der Wellenlänge des Lichts bestimmt: Zum Beispiel empfinden wir Licht mit einer Wellenlänge von 570 bis 600 Nanometern als Gelb. Da Licht unterschiedlicher Wellenlänge bzw. Farbe eine jeweils unterschiedliche Ausbreitungsgeschwindigkeit hat, kommt es entweder zu stärkerer oder schwächerer Brechung. Dadurch werden die verschiedenen Anteile des weißen Lichts zu einem Spektrum aufgefächert. Dieses Farbspektrum umfasst den Wellenbereich, der für das menschliche Auge sichtbar ist ‒ die Spektralfarben.
DISPERSION: DAS FEUER VON EDELSTEINEN
In der Gemmologie wird die Dispersion von Edelsteinen als “Feuer” bezeichnet. Je mehr Feuer ein Stein hat, desto höher wird sein Wert eingestuft. Dagegen muss die Dispersion bei optischen Gläsern in Brillen oder Fotoobjektiven möglichst niedrig sein, da sich sonst störende Farbsäume zeigen.
Besonders stark ist das Feuer bei transparenten, farblosen und geschliffenen Edelsteinen mit vielen Facetten. Deshalb sind farblose Diamanten mit Brillantschliff bekannt für ihr Feuer. Bei farbigen Edelsteinen sorgt deren Eigenfarbe für eine Verfälschung der durch die Lichtbrechung erzeugten Farben. Undurchsichtige Mineralien weisen keine Dispersion auf.
Die durch die Zerstreuung des Lichts entstehenden Farben sind aber nicht nur vom Aufbau bzw. der Struktur des Edelsteins abhängig, sondern auch von der Frequenz des einfallenden Lichts und von der Geschwindigkeit, in der sich das Licht in dem Material ausbreitet.
Ausschlaggebend für eine eindrucksvolle Dispersion bei einem Edelstein ist der Schliff. Mit äußerster Präzision werden die Facetten ‒ die Schliffflächen ‒ herausgearbeitet, um das Feuer zu verstärken. Allerdings trägt auch die Fassung eines Edelsteins zum Feuer bei, indem sie ihm zusätzliche Farbnuancen verleiht.
MESSUNG DER DISPERSION VON EDELSTEINEN
Um die Dispersion von Edelsteinen zu messen, wird die Brechung des langwelligen roten Lichts der Brechung des kurzwelligen violetten Lichts gegenübergestellt. Dafür werden die Fraun’hoferschen Linien B (roter Bereich des Farbspektrums) und G (violetter Bereich des Farbspektrums) herangezogen (= BG-Dispersion). Manchmal wird zusätzlich auch der Wert der CF-Dispersion (oranges und blaugrünes Farbspektrum) bestimmt.
Die Dispersion wird mit einem Refraktometer gemessen, der den Brechungsindex eines Edelsteins ermittelt. Jedes Mineral besitzt eine individuelle Dispersion, denn die Wellenlängen des Lichts werden durch jeden Stein unterschiedlich stark gebrochen. Aus diesem Grund eignet sich die Dispersion auch zur Bestimmung von Edelsteinen.
Obwohl insbesondere der Diamant (BG-Wert von 0,044) für sein Funkeln in den Farben des Regenbogens bekannt ist, ist er nicht der Edelstein mit dem höchsten Dispersionswert. Rutil (0,280), Zirkonia (0,066), Demantoid (0,057) und Titanit (0,051) verfügen über eine besonders starke BG-Dispersion. Aber auch Edelsteine wie der Tansanit (0,030), der Peridot (0,020) und der Rubin (0,018) zeichnen sich durch ihr ausgeprägtes Feuer aus. Jade, Türkis und Lapislazuli weisen dagegen keine Dispersion auf.