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14.04.2020 EDELSTEIN-BEHANDLUNGEN: WIE STEINE „VERBESSERT“ WERDEN
Schon um Christi Geburt stellte man fest, dass die Menge „schöner“ Edelsteine nicht ausreicht, um die damalige weltweite Nachfrage zu befriedigen. Daher begann man mit „Behandlungen“: Rubine und Saphire werden “gebrannt”, um die Farbe und Reinheit zu optimieren, Smaragde werden in (Zedern)Öl eingelegt, um Risse zu kaschieren.
Seitdem wurden die Versuche, Edelsteine im Wert künstlich zu steigern immer ausgefallener und ausgefeilter. Auf der anderen Seite entwickelten sich die Laboruntersuchungen weiter und es ist möglich, alle Behandlungen, die stets den Wert reduzieren, zu entdecken. Aus genau diesem Grund ist beim Kauf eines Edelsteins ein Zertifikat eines international anerkannten Edelsteinlabors ein Muss.
Zu unterscheiden sind bei allen Edelsteinen Behandlungen, die permanent sind und kaum mehr rückgängig gemacht werden können (Beispiele sind das Erhitzen beim Saphir oder die Rissfüllung mit Bleiglas beim Rubin) und jene, die vorübergehend sind und auch wieder rückgängig gemacht werden können (z.B. das „Ölen“ beim Smaragd).
Das Schleifen von Edelsteinen wird nicht als Behandlung gesehen. Als naturfarbene, unbehandelte Edelsteine werden nur solche bezeichnet, deren Farbe oder Reinheit nicht künstlich verändert wurden.
Weiters gibt es synthetische Steine, das sind künstliche, im Labor vom Menschen hergestellte Produkte, die idente chemische und physikalische Eigenschaften wie die Naturprodukte haben. Daneben existieren „künstliche Steine“, die von Menschen erzeugt werden, aber nicht in der Natur vorkommen. Ein Beispiel dafür ist Zirkonia oder YAG. Eine weitere Unterscheidung betrifft die Imitationen, die nichts mit dem Naturprodukt gemeinsam haben, sondern nur in etwa so aussehen (bspw. rotes Glas statt Rubin).
Das Schleifen von Edelsteinen wird nicht als Behandlung gesehen.
CIBJO-Regeln zum Umgang mit behandelten Edelsteinen
Um Regeln im Handel bezüglich Behandlungen von Edelsteinen festzulegen, wurde zuerst 1926 die BIBOAH gegründet und 1961 in die „Confederation Internationale de la Bijouterie, Joallerie, Ofevrie, des Diamantes, Perles et Pierres (CIBJO)“ mit Sitz in der Schweiz umgewandelt. Diese Organisation stellt Regeln für den Handel mit Schmuck, Diamanten, Farbedelsteinen und Perlen auf. Diese „CIBJO-Regeln“ haben keine Gesetzeskraft, sie sind als Handelsbrauch aufzufassen.
Einige Behandlungen von Edelsteinen verlangen laut CIBJO eine „Allgemeine Information“, die dann gegeben werden soll, wenn:
- vorhandene Risse im Stein mit farblosen Stoffen gefüllt,
- Steine an der Oberfläche gewachst,
- Steine erhitzt oder
- Steine gebleicht wurden.
Daneben gibt es Behandlungen, die dem Käufer als „Spezielle Information“ mitgeteilt werden müssen, darunter fallen:
- Bleiglasbehandlung beim Rubin
- Diffusionsbehandlung
- Behandlung mit Färbemitteln oder farbgebenden Stoffen
- Bruch- oder Hohlraumfüllungen
- Imprägnieren mit Kunststoff
- Überzüge bei Steinen
Selbst diese „speziellen Informationen“ werden oft nicht angegeben. Ein Beispiel dazu: fast 100% aller „Blauen Topase“ im Handel, deren Farbe intensiv ist, sind bestrahlt.
Gemäß den Behandlungen hat die CIBJO für die Kennzeichnung von Edelsteinen ein Drei-Buchstaben-System eingeführt:
- „N“ – Natural: Bezeichnet Edelsteine, die lediglich durch Schleifen und Polieren bearbeitet wurden
- „E“ – Enhanced: Bezeichnet Edelsteine, die mit handelsüblich akzeptierten Methoden modifiziert wurden und damit einer „Allgemeinen Information“ bedürfen
- „T“ – Treated: Bezeichnet Edelsteine, die mit Methoden behandelt wurden, die einer „Speziellen Information“ bedürfen.
Wert behandelter und unbehandelter Steine
Absteigend vom höchsten Wert hinab zum niedrigsten Geldwert bei Edelsteinen gilt folgende Ordnung für natürliche hin zu behandelten Steinen:
- Unbehandelte Steine
- Erhitzte oder gebrannte Steine
- Diffusionsbehandelte Steine
- Rissgefüllte Steine
Zusammengefasst: Alle diese Behandlungen müssen dem Käufer bekannt gegeben werden, tut dies ein Händler nicht, haftet er dafür. Je mehr Behandlung ein Stein erfahren hat, desto geringer sein Wiederverkaufswert.
Gängige Behandlungsmethoden: Steine ölen, brennen und bestrahlen
Bei den „Big Four“, also bei Rubin, Saphir, Smaragd und Diamant kommen oft die folgenden Behandlungsmethoden zum Einsatz, um über Schwächen eines Steins hinwegzutäuschen.
Behandlung von Rubin und Saphir: Brennen von Edelsteinen
Da der Rubin der zweitteuerste Edelstein bei kleinen Größen (im Vergleich mit dem Diamanten) und der teuerste Edelstein bei Größen ab 4 bis 10 ct. ist, ist er auch gleichzeitig das Ziel Nummer 1 für Behandlungen und auch Fälschungen.
Die gängigste Behandlungsmethode die bei Korunden, also bei Rubin und Saphir, zum Einsatz kommt, ist die Hitzebehandlung. Fast alle heute im Schmuckhandel erhältlichen Korunde sind auf diese Weise behandelt worden.
Beim „Brennen“ werden zwei Arten unterschieden: Bei der Niedrigtemperaturbehandlung bleiben Einschlüsse von Mineralen, die nicht Korund sind, erhalten. Beim Rubin ist das vor allem Rutil, dessen Kristalle nicht geschmolzen werden. Niedrigtemperatur liegt etwa bis 1.100 Grad Celsius vor, da ab rund 1.200 – 1.350 Grad das Rutil zu schmelzen beginnt. Ist das Rutil geschmolzen, dann spricht man von „Hochtemperaturbehandlung“.
Einfluss auf das Ergebnis bei der Temperaturbehandlung haben die Temperatur, die Dauer der Temperatur, die Atmosphäre beim Erhitzen, sowie die chemische Struktur umgebender oder gemeinsam gebrannter Materialien.
Durch eine Hitzebehandlung zwischen 1.100 und 1.800 Grad Celsius können beim Rubin unerwünschte braune, violette oder purpurfarbene Farbtöne entfernt werden. Durch längeres Brennen von Rubinen zwischen 1.450 und 1.750 Grad Celsius, mit anschließendem schnellem Abkühlen kann auch unerwünschte „Rutilseide“ entfernt werden. Nach dem Brennen ist der behandelte Rubin für unsere Augen reiner als zuvor.
Hell blaue oder milchige Saphire werden durch Brennen bei 1.250 bis 1.700 Grad Celsius intensiv blau. Es können aber auch umgekehrt zu dunkle Steine unter Einsatz von Sauerstoff optisch aufgehellt und damit attraktiv gemacht werden. Fast farblose bis blass gelbe Saphire werden durch Brennen bei 1.000 bis 1.800 Grad Celsius intensiv gelb. Hier wird zweiwertiges Eisen in dreiwertiges Eisen oxidiert. Behandelte Saphire, die unbehandelt pink waren, können sich in Richtung oranger Saphire verändern – in Richtung der berühmten und geschätzten „Padparadschas“.
Seit den 1990er Jahren werden Rubine zusammen mit chemischen Zusätzen thermisch behandelt. Hierbei werden Farbe und auch Transparenz verbessert. Häufig verwendet wird eine Schmelze aus Borax, Quarz und anderen chemischen Zusätzen in welchen der Rubin 10 bis 20 Stunden erhitzt wird. Die Borax-Schmelze tritt auch in Risse und Ausbrüche ein. So werden Fissuren im Rubin gefüllt und die Transparenz verbessert. Die Rückstände der Schmelze können im Labor nachgewiesen werden. Seit 2004 werden auch Rubine verkauft, die mit Bleiglas behandelt werden, wodurch sich die Transparenz ebenfalls verbessert.
Einen starken Eingriff stellt die „Diffusionsbehandlung“ dar. Hier werden Steine tatsächlich durch farbgebende Substanzen gefärbt, wobei die Eindringtiefe nur 0,01 bis 0,5 mm beträgt. Daher sind die Steine auch nur am Rand gefärbt. Aufgrund der hohen verwendeten Temperaturen bei dieser Methode müssen die Steine nachpoliert werden, wobei wieder Material, das gefärbt wurde, abgetragen wird. Daher können diese Steine auf Grund ihrer unterschiedlichen Farbintensität erkannt werden. Der Stein wird dabei unter Temperaturen von 1.600 – 1.900 Grad Celsius in einen schlammigen Brei von Titan, Beryllium oder Chrom Oxiden eingelegt.
Wenn Rubine rissig sind, kommen teilweise auch in die Risse eindringende Farben zur Anwendung, teilweise auch in der Form von Öl. Man spricht dann wie beim Smaragd von „geölten Steinen“.
Durch radioaktive Bestrahlung können blass gelbe Saphire in dunkelgelbe umgewandelt werden, wobei die Farbe allerdings nicht stabil ist sondern mit der Zeit ihre Intensität verliert.
Behandlung von Smaragd: Steine ölen
Brennen oder Erhitzen wie beim Korund bringt beim Smaragd nichts. Der Stein reagiert nicht auf die Temperatur, wird möglicherweise dadurch sogar zerstört. Nur bei den anderen Farben des Berylls, bei Aquamarin und bei lachsfärbigen Steinen, wird mit Erhitzen gearbeitet. Die Temperatur beträgt dabei aber zumeist nur 250 bis 500 Grad Celsius, wodurch diese Behandlung im Nachhinein bis heute nicht nachweisbar ist.
Smaragde sind generell spröde und weisen natürliche Risse auf. Es wurde daher schon im Altertum erkannt, dass durch Einsatz von farblosen Ölen diese Risse optisch für das Auge nahezu unsichtbar gemacht werden können. Das dafür sehr oft verwendete Zedernholzöl hat eine Lichtbrechung die jener des Smaragds sehr nahe kommt und lässt daher die Risse für das menschliche Auge „verschwinden“.
Heute werden statt Zedernholzöl vor allem Weichharze (zum Beispiel Kanadabalsam) oder zumeist Kunstharze verwendet, da diese ein dauerhafteres Ergebnis als beim Naturöl ergeben und außerdem eine noch „passendere“ Lichtbrechung als das Öl haben. Diese Füllungen werden oft durch eine Härtersubstanz oder durch ultraviolette Strahlung gehärtet.
Generalisiert existieren beim Smaragd folgende Behandlungen:
- jene, die Farbe verbessern (grün gefärbte Öle oder Harze bei blassem Smaragd)
- jene, die Reinheit verbessern (Öle und Harze)
- jene, die Stabilität verbessern (vor allem Harze bei brüchigen Steinen)
Alle oben genannten Methoden können in einem Labor unter dem Mikroskop nachgewiesen werden. Neu hinzu zu kommen scheint die Methode, Smaragde aus Kolumbien durch Bestrahlung in ihrer Farbintensität zu verstärken.
Behandlung von Diamanten: Bestrahlen, Erhitzen & Co
Weiße Diamanten sind zu einem sehr großen Teil noch unbehandelt, bei Farbdiamanten stößt man dagegen breitflächig auf behandelte Steine.
Werden Diamanten in einem Atomreaktor mit Neutronen beschossen, dringen diese tief in den Edelstein ein und färben ihn grün bis blaugrün. Eine Bestrahlung mit Protonen, Deuteronen oder Alpha-Teilen bewirken ebenso eine grüne Farbe, die jedoch keine große Eindringtiefe aufweist. Eine Behandlung mit beschleunigten Elektronen erzeugt blaue bis grünlich-blaue Farben.
Es gibt auch „schwarze“ Diamanten, die aus diesem Prozess kommen; diese können durch eine grüne Färbung an den Kanten erkannt werden. Sie sind in Wahrheit nicht schwarz, sondern sie sind so tief grün, dass sie unserem Auge schwarz erscheinen. Die Mehrheit aller schwarzen Diamanten auf dem Markt kam auf diese Weise zu ihrer Farbe.
Werden die Diamanten nach dem Bestrahlen auch noch erhitzt (auf rund 700 Grad Celsius), so nehmen sie eine gelbe, braune oder orange Farbe an.
Ende des 20. Jahrhunderts erfand man eine weitere Methode: das Hochdruck-Hochtemperatur-Verfahren (HPHT). Dieses wurde zuerst verwendet, um synthetische Diamanten herzustellen. Es wird jedoch auch seit 1996 zur Behandlung brauner Diamanten hin zu grünen, gelbgrünen oder gelblich-grünen Steinen verwendet. Diese Umwandlung der Farbe passiert während einer Zeitdauer von rund drei Minuten bei einem Druck von 55 bis 60 Kilobar und Temperaturen zwischen 1.900 und 2.200 Grad Celsius.
Werden Diamanten zuerst HPHT-behandelt, danach bestrahlt und erhitzt, dann können auch pinke bis rötliche Farben erzeugt werden.
Relativ neu ist auch die Behandlung mittels Laserbohrung. Hier wird ein Diamant mit starken Einschlüssen im Bereich der Einschlüsse mit einem Laser angebohrt und dann mit Säure (zumeist Flusssäure) behandelt. Die Säure dringt in den Bohrkanal ein und zersetzt den Einschluss. Die entstandenen Bohrkanäle werden durch Kunstharz oder Glas aufgefüllt.
Zuletzt werden durch Rissfüllungen Risse im Diamanten für das menschliche Auge unsichtbar gemacht. Bei dieser Methode verwendet man seit 1987 hochlichtbrechende Gläser oder Kunstharze um Risse aufzufüllen.
Weiße Diamanten sind zu einem sehr großen Teil noch unbehandelt, bei Farbdiamanten stößt man dagegen breitflächig auf behandelte Steine.